Univ.-Prof. DDr. Ludger Müller M.A. ist am 20. April 2020 nach langer, schwerer Krankheit verstorben. Im Namen der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten würdigt Offizial Prof. DDr. Reinhard Knittel den Verstorbenen:
Mit dem Titel der Festschrift, die anlässlich des 65. Geburtstags von Herrn Univ. Prof. Dr. theol. Dr. iur. can. Ludger Müller im Jahr 2017 erschienen ist, nämlich „Theologia Iuris Canonici“ kann wohl am besten das kanonistische Herzensanliegen des Theologen und Kanonisten Ludger Müller umschrieben werden.
Kanonistik war für ihn eine theologische Disziplin, die im Glauben der Kirche gründet, die darin auch ihren bestimmenden Maßstab bis in ihre Methode hinein finden muss. Mit diesem Grundansatz gehörte er seiner Prägung nach zu jenen Kanonisten, die den in der deutschsprachigen Kanonistik hervorragenden Versuch einer theologischen Grundlegung der Kanonistik im Rahmen der Münchner Schule beginnend mit Klaus Mörsdorf (1909-1989) fruchtbar weiterführten und weitergaben. Viele einschlägige Publikationen von Ludger Müller zur Eigenart und theologischen Grundlegung des kanonischen Rechtes belegen diesen Fachschwerpunkt.
Eine langjährige und länderübergreifende theologisch-kanonistische Lehrtätigkeit, im Rahmen derer er von 2000 bis 2018 auch als Ordinarius für kanonisches Recht an der Kath.-Theol. Fakultät in Wien wirkte, machte ihn zum gesuchten Bezugspunkt für viele dankbare Studierende der Kanonistik, aber auch zu einem beliebten Fachkollegen, der für die gesamte wissenschaftliche Kanonistik in Österreich und darüber hinaus Bedeutung erlangte. Viele Fachtagungen im In- und Ausland leitete Ludger Müller oder wirkte an ihnen mit. Begleitet war die Lehrtätigkeit von einer dichten und fruchtbaren wissenschaftlichen Forschungs- und Publikationstätigkeit, die ebenfalls Zeugnis der fachlichen Disziplin Ludger Müllers und seiner umfassenden theologisch-kanonistischen Bildung waren. Unter den Monographien bildet vor allem die Mitherausgabe des vierten Bandes des Lehrbuchs „Kanonisches Recht“ (2013) einen wichtigen Beitrag für das Studium der Kanonistik. Zahlreiche Fachartikel widmen sich einerseits fachimmanenten Themenstellungen, andererseits aber auch aktuellen Fragestellungen des kirchlichen Lebens aus kanonistischer Perspektive.
Ludger Müller war beileibe kein professoraler Theoretiker, der nur die Lehrkanzel oder die Studierstube von innen gekannt hätte. Schon seine rheinländische Herkunft und Persönlichkeit ließ dies nicht zu. Rechtstheorie und Rechtspraxis bildeten eine stimmige Synthese. So brachte er sich u.a. seit 2006 in verschiedenen Funktionen am Bischöflichen Diözesangericht St. Pölten ein, aber auch in anderen diözesanen und überdiözesanen Agenden (so ab 2011 auch als Konsultor des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte), die kanonistische Fachkompetenz voraussetzten.
Zwei durchlebte Sakramente begleiteten und formten seinen Lebensweg als Erwachsener: das Ehesakrament, das ihn mit seiner Ehefrau verband und ihm einen tiefen Grund der ehelichen Liebe für sein Leben schenkte, dann aber das Weihesakrament, das Ludger Müller als Diakon 2013 empfing. Es verdichtete sakramental noch einmal das, wofür sein Leben und Wirken stand: der Kirche aus Liebe dienen, mit allem Einsatz des Lebens.
Die Phil.-Theol. Hochschule der Diözese St. Pölten verliert in Ludger Müller einen geschätzten Kollegen, aber auch einen mitdenkenden und mitsorgenden Freund. Seiner Initiative verdankt sich der postgraduale Lehrgang „Vergleichendes Kanonisches Recht“, der nun bereits zum zweiten Mal mit Sitz an der Hochschule und in Kooperation mit anderen akademischen Einrichtungen erfolgreich angeboten werden konnte. Noch bis in die Tage seiner schweren Erkrankung beschäftigte Ludger Müller die Zukunft dieses Lehrgangs. Was hier aber unfertig bleibt, übergeben wir vertrauensvoll dem Gott des Lebens.
In österlicher Hoffnung beten wir: Requiescat in pace – Möge er nun ruhen in Frieden. Amen.